Aktuelles

Aufruf an die Bundesregierung: Demokratieförderung muss aufgestockt werden

Deutschland ist bunt und vielfältig und unzählige Menschen mit Migrationshintergrund sind ehrenamtlich und in Organisationen aktiv. Dieses Engagement ist sehr wertvoll und erfordert Unterstützung seitens des Bundes. Das ZIS unterstützt neben zahlreichen anderen Organisationen und Initiativen den Aufruf an die Bundesregierung:

Zahlreiche Migrant*innenorganisationen und postmigrantische Initiativen erhalten keine Mittel mehr durch das Bundesförderprogramm „Demokratie Leben!“. Wir fordern eine Verdopplung der Fördermittel und die Einführung eines Demokratiefördergesetztes, das der Vielfalt der Gesellschaft gerecht wird.

Das Förderprogramm „Demokratie leben! – Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ geht in die zweite Runde. Für das Jahr 2020 wird die Summe nicht gekürzt. Bis 2024 sind aber offenbar drastische Kürzungen vorgesehen und außergewöhnlich viele Migrant*innenorganisationen sowie Vereine von Schwarzen Menschen und People of Color haben bereits jetzt eine Absage für ihre Projektanträge erhalten.

Das bedeutet, dass ein erheblicher Teil des Engagements von Menschen mit Rassismuserfahrungen auf der Strecke bleiben wird – unsere Angebote und Räume kann es so nicht mehr geben. Auch unsere Expertise können wir nicht mehr ohne Weiteres einbringen. Denn ehrenamtlich können und wollen wir das nicht leisten. Mit anderen Worten: die migrantisch-diasporische Zivilgesellschaft wird gerade faktisch abgebaut.Das ist – gerade jetzt – keineswegs nachvollziehbar.

Wir leben in Zeiten, in denen rechte Aufmärsche zur Tagesordnung gehören, Hate Speech im Netz allgegenwärtig ist und Neonazis in Parlamente einziehen. Die politischen Debatten kreisen ständig um Geflüchtete und Migrant*innen. Gleichzeitig haben Anti-Schwarzer Rassismus, antimuslimischer Rassismus, Antisemitismus, Rassismus gegen Sint*ezza und Rom*nja1 sowie andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zugenommen. Für uns ist das nicht nur messbar, sondern auch spürbar – Angriffe im öffentlichen Raum inbegriffen.

Noch nie war es wichtiger, dass wir mitmischen: Wir, das sind Migrant*innen, Geflüchtete, Sint*ezza und Rom*nja_, Schwarze Menschen und andere People of Color, die vor Ort, aber auch auf bundespolitischer Ebene als zivilgesellschaftliche Akteur*innen präsent sind. Wir bringen uns aktiv ein für eine demokratischere, vielfältigere und gerechtere Migrationsgesellschaft für alle, auch in Themenfeldern wie Homosexuellen- und Trans*feindlichkeit.Wir arbeiten in unterschiedlichen Communities an der Basis und sind ein unentbehrlicher Teil der Zivilgesellschaft in Deutschland. Wir meinen damit: unentbehrlich für alle. Wenn Vielfalt in der Zivilgesellschaft zum Auslaufmodell erklärt wird, stirbt eine Demokratie.

Die Entscheidung der Bundesregierung, das zivilgesellschaftliche Engagement für Demokratie und gegen Extremismus nicht auszubauen, sondern abzubauen, können wir in keiner Weise nachvollziehen. Die Stärkung von Akteur*innen der diversitätsorientierten Zivilgesellschaft ist wichtiger denn je.

Wir fordern:

  • eine Steigerung der Mittel für das Förderprogramm „Demokratie Leben!“ in den anstehenden Haushaltsnachverhandlungen, konkret auf 200 Mio. Euro pro Jahr bis einschließlich 2024,
  • die Einführung eines Demokratiefördergesetzes bis Ende der Legislaturperiode, das die Arbeit von Projekten und Initiativen langfristig absichert und verlässliche Strukturen schafft,
  • eine explizite Förderung von Empowerment-Projekten von und für Schwarze Menschen, Sinti und Roma, Migrantenorganisationen und andere Initiativen von Menschen mit Rassismuserfahrung, deren zivilgesellschaftliches Engagement besonders viel Kraft braucht und geschützte Räume erfordert. Wir sind keine Service-Einrichtungen für „die Mehrheitsgesellschaft“.

Eine starke Demokratie braucht ein Förderprogramm auf gesetzlicher Basis.

Alle Mitzeichner sind auf folgender Seite aufgeführt: